Bericht Müritz-Triathlon in Waren 30.7.2022

von Max Müller

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt: Der Müritz-Triathlon in Waren genießt unter Triathleten einen berüchtigten Ruf. Alle Finisher warnten mich vor einem wilden Schwimmen mit reichlich Seegang, einer welligen und extrem windanfälligen Radstrecke, sowie einer Laufstrecke ohne Schatten und in der prallen Mittagshitze. Dementsprechend machte ich mich mit dem nötigen Respekt vor der Herausforderung auf den Weg nach Waren. Das Ziel sollte es sein, vor der Langdistanz noch einmal eine ordentliche Vorbelastung in die Beine zu bekommen und nach den schnellen Regionalliga-Rennen meine Form auch auf der Mitteldistanz zu bestätigen.

Aufgrund der kurzfristigen Absage des Ironman 70.3 in Dresden hatten sich in der Woche vor dem Rennen noch einige namhafte Athleten nachgemeldet, sodass auch ein kleines Profifeld am Start stand. Der Veranstalter hatte schnell reagiert und das Teilnehmerfeld noch einmal auf 300 Athleten aufgestockt. Fast die Hälfte der Athleten, mit denen ich gesprochen habe, hatte sich spontan nachgemeldet und war dementsprechend froh, einen adäquaten Ersatz für Dresden gefunden zu haben. Da ich mich früh genug angemeldet hatte, freute ich mich über die Startnummer 9 und einen Stellplatz in der allerersten Reihe direkt am Eingang der Wechselzone.

Eine Besonderheit des Müritz Triathlon ist der späte Start der Mitteldistanz um 12 Uhr. Dementsprechend ist man von Beginn an in der Mittagshitze unterwegs und muss aufpassen, nicht schon vor dem Start einen Sonnenstich zu bekommen. Aufgrund der vielen Nachmeldungen wurde der Start noch einmal um 15 Minuten nach hinten verschoben. Das Einschwimmen fand daher ohne Neo statt, da ich nicht riskieren wollte eine halbe Stunde oder länger im Neo zu schwitzen.

Ebenfalls eine Besonderheit – in Zeiten von Großveranstaltungen mit mehreren tausend Startern – ist der Landstart vom Ufer des Strandbads. Meine Erfahrungen aus der Regionalliga, wo es beim Massenstart auch mal richtig zur Sache geht, konnte ich hier zu meinem Vorteil nutzen. Nach kurzer Zeit hatte ich ein Paar Füße und meinen Rhythmus im Wasser gefunden. Gegen schweren Seegang und Wellen musste ich zwar nicht ankämpfen, die Müritz ist allerdings eine andere Hausnummer als der Schlachtensee. Beim Landgang nach der ersten von zwei 1 km-Runden war mir ganz schön schwindelig. Auf der zweiten Runde konnte ich die Tempoverschärfungen mitgehen und am Ende der zweiten Gruppe als 13. aus dem Wasser steigen – ein schönes Gefühl direkt hinter den Profis aufzutauchen.

Nach einem schnellen Wechsel – Startnummer 9 sei Dank – ging es auf die 76 km lange Radstrecke. Das erste Stück durch Waren und raus aus der Stadt war gelinde gesagt holprig. In Berlin und Brandenburg sind wir schlechte Straßen gewohnt, aber die ersten 10 km der Radstrecke hatten es wirklich in sich. Danach ging es auf eine größere Landstraße, die dementsprechend ausgebaut war und von dort an rollte es wunderbar. Monsterböen gab es zum Glück keine, dafür aber einen konstanten Seitenwind, der das Radfahren auf der welligen Strecke richtig schnell machte. Die Verpflegungspunkte waren an den Wendepunkten gut organisiert und man konnte sich ausreichend versorgen. Auch auf dem Rad fand ich schnell mein Tempo und konnte trotz eines gewissen Trainingsrückstands in den letzten Monaten meine Wattwerte konstant durchfahren. Unter dem Strich steht ein solides Radfahren, vor dem ich im Vorfeld die größten Bedenken hatte.

Nun ging es – irgendwo unter den ersten 15 – zu meiner Paradedisziplin und ich wusste, dass mir noch einige schnelle Läufer im Nacken saßen. Vor der Hitze auf der Laufstrecke hatte ich großen Respekt, denn mit heißen Bedingungen komme ich gar nicht zurecht. Zunächst lief ich eine 3:50er Pace an, merkte aber nach gut 5 km, dass ich das Rennen bei diesem Tempo sehr wahrscheinlich nicht beenden können würde. Mit der Langdistanz im Hinterkopf drosselte ich das Tempo also etwas und konzentrierte mich vor allem darauf, das Tempo stabil bei 4 Minuten pro Kilometer zu halten und in den Verpflegungszonen alles an Wasser mitzunehmen, was ging. Etwas Schatten gab es dann zum Glück doch auf der Laufstrecke, weshalb der befürchtete Hitzekoller ausblieb. Am Ende der ersten Laufrunde sah ich die ersten Profis aussteigen und ahnte, dass ein solider Lauf mich immerhin noch in Reichweite der Top 10 bringen würde. Auf dem Rückweg der zweiten Runde machten mir die Sonne und 29 Grad Lufttemperatur dann doch ganz schön zu schaffen, aber mit dem Willen, sich nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen, konnte ich auch das erste sich anbahnende Magengrummeln überwinden. Der Abstand – sowohl nach vorne als auch nach hinten – war so groß, dass sich an der Platzierung nicht mehr viel ändern konnte.

Angekommen im Zielkanal konnte ich das Finish dann noch ausgiebig genießen und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass vor mir nur eine Handvoll Athleten im Ziel saßen. Unabhängig von den Zeiten in den Einzeldisziplinen, die meinen Erwartungen entsprechen, freue ich mich besonders über einen 12. Platz in einem so starken Teilnehmerfeld. Auch eine Mitteldistanz unter 4 Stunden – allerdings auf einer verkürzten Strecke – ist ein schöner Meilenstein. Für die anstehende Langdistanz macht das Hoffnung auf eine ebenfalls gute Platzierung.

Abschließend noch ein paar Gedanken zum Thema Ironman-Absage in Dresden: Anfang des Jahres, als der Wettkampf öffentlich gemacht wurde, habe ich lange über einen Start nachgedacht. Am Ende hat mich die Anmeldegebühr von über 300 € abgeschreckt, und ich habe mich stattdessen an der Müritz gemeldet – im Nachhinein die richtige Entscheidung. Unabhängig von der Absage sollten wir uns als Triathleten die Frage stellen, ob es immer eine Ironman oder Challenge Mitteldistanz sein muss? Es gibt so viele schöne und traditionsreiche Rennen in der Region, die wirklich professionell organisiert sind und trotzdem jedes Jahr ums Überleben kämpfen müssen. Rennen wie Moritzburg, Spreewald, BerlinMan oder Müritz haben kein riesiges Marketingbudget und können auch keine namhaften Profis einkaufen. Sie leben von ihrem guten Ruf und der Mund-zu-Mund-Propaganda.

Für das Triathlon-Wochenende in Waren habe ich für 2 Personen mit Anreise, Startgebühr, 2 Übernachtungen, Essen und Besuch im Müritzeum etwas mehr als 400 € bezahlt. Das ist nicht viel mehr als die Startgebühr für Dresden in der letzten Preisstufe. Auf der Langdistanz mag es keine Alternative zu den großen kommerziellen Veranstaltern geben – auf der Mitteldistanz sieht das aber zum Glück (noch) anders aus. Daher kann ich jedem, der mit einem Start auf der Mitteldistanz liebäugelt, empfehlen, sich zuerst bei den "kleinen" Veranstaltern umzugucken. Der Müritz Triathlon hat sich an diesem Wochenende jedenfalls von seiner besten Seite gezeigt und hoffentlich den einen oder anderen Athleten für die nächste Auflage begeistert.

 


© TriGe Sisu Berlin; 4.8.2022