10. Oberelbemarathon von Königstein nach Dresden 29.04.07

von G. Galuschki

Meine Saisonplanung sah für Ende April meinen zweiten Marathon in 2007 vor. Eigentlich sollte es ja Wien werden, doch wenn man nicht zu Potte kommt, findet man dort kein bezahlbares Zimmer. Also das Internet bemüht, was es sonst noch an diesem Wochenende an Marathonläufen in Deutschland gibt: Hamburg und Oberelbe. Die Entscheidung fiel leicht, denn in Hamburg war ich schon einige Male am Start und 100 Euro für eine Startnummer wollte ich auch nicht bezahlen. Der Oberelbemarathon tritt da mit 39 Euro deutlich bescheidener auf. Also noch eine Unterkunft gesucht und drei Wochen später dann ab nach Dresden. Als wir am Freitag bei ziemlich sommerlichen Temperaturen in Dresden ankamen, machte ich mich schon auf eine Hitzschlacht gefasst. Auch der Samstag war entsprechend warm. Allerdings hörte ich da schon von Freunden, dass es am Sonntag ja kühl werden soll. Ja, klar, guter Witz. Bei strahlend blauem Himmel, Sonnenschein und Temperaturen von ca. 25 Grad klingt das nicht so richtig nachvollziehbar.

In der Nacht zu Sonntag hat es dann fürchterlich geregnet und am nächsten Morgen waren es ziemlich frische Temperaturen. Um 8:30 Uhr kamen wir in Königstein am Start an und ich freute mich über die ersten 200 Meter der Laufstrecke: Kopfsteinpflaster. Da habe ich schlechte Erinnerungen dran... Das Wetter war weiterhin ziemlich frisch, so dass ich mich nicht aus meinen langen Sachen pellen wollte. Um 9:15 Uhr zog ich mich dann doch um und versuchte, mich ein paar Meter einzulaufen. Nach nicht einmal 50 Metern gab ich diesen Versuch auf, denn es war so voll und eng, dass man keine fünf Meter geradeaus laufen konnte. Also wieder zurück in die Startzone. Und mal wieder wollte sich niemand außer mir an die Startlinie stellen (das hatte ich eine Woche zuvor beim 1/3-Marathon in Potsdam auch schon erlebt). Die rund 1.300 anderen Marathonstarter kamen dann nach kurzer Zeit dazu, so dass es wenigstens windgeschützt wurde. Von warm konnte zwar keine Rede sein, aber diese Temperaturen finde ich zum Laufen eigentlich ideal.

Wahrscheinlich waren es sogar schon um die 10 Grad, gefühlt aber nur knapp über Null. Um 9:30 Uhr sollte Start sein, ein paar Minuten vorher kam dann die Durchsage von den Organisatoren, dass sich der Start um neun Minuten verzögert, weil dann die Bahnschranke offen sei. Die Laufstrecke wird zweimal von der Bahn gekreuzt. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, fragt der Organisator kurz vor Start bei der Bahn an und verlegt entsprechend den Startschuss nach hinten. Es hat nichts genützt, hinten im Feld standen doch wieder Leute am Andreaskreuz und nutzten die Zeit für eine Pinkelpause. Um 9:39 Uhr fiel dann tatsächlich der Startschuss und ab ging's. Ich hatte mir die Seite mit dem kürzesten Stück Kopfsteinpflaster ausgesucht und bin auch gut drübergekommen. Die ersten Kilometer ging es direkt an der Elbe entlang, allerdings ziemlich rauf und runter. Nach fünf Kilometern kam dann die Bahnschranke, und sie war wirklich offen! Dass es Läufer erwischt hat, habe ich erst später gehört. Der Hammer kam dann wenig später, als die Bahngleise ein zweites Mal gequert werden sollten. Allerdings nicht oberirdisch, sondern treppab - treppauf. Sowas habe ich wirklich noch nie erlebt und lege auch keinen Wert drauf. Wenn man mit Sonnenbrille und Mütze unterwegs ist, dann kann man Treppenstufen in einer dunklen Unterführung nur noch mit Mühe erahnen. Zur Belohnung ging es dann nach der Unterführung erstmal richtig rauf (für Berliner Verhältnisse schon fast ein Berg). Im Prinzip war es das dann aber erstmal für längere Zeit mit den etwas schwierigen Passagen.

Die nächsten Kilometer waren schön zu laufen, immer auf dem Elberadweg entlang, rechts unten auf der Elbe ein extra gecharterter Raddampfer, auf dem Begleitpersonen sich das Spektakel vom Wasser aus anschauen konnten. Eine nette Idee. Dann irgendwann kam Pirna. In meinen Erinnerungen war Pirna so ziemlich der langweiligste und trostloseste Ort, den ich bislang gesehen hatte. Nach diesem Lauf revidiere ich das. Die Altstadt ist wirklich nett. Wer weiß, was ich vor sieben Jahren von diesem Ort gesehen habe... Allerdings brachte diese Altstadt auch ein altstadttypisches Kopfsteinpflaster mit, aber man kann es sich ja nicht aussuchen. Aussuchen kann man sich leider auch nicht, wer so alles in der direkten Nähe so läuft. Seit geraumer Zeit war da ein Typ, der sich an meine Fersen geheftet hatte. Ich habe keine Ahnung, warum er sich ausgerechnet mich ausgesucht hatte. Auf jeden Fall lief er mal rechts, mal links von mir, meistens im Windschatten (?), manchmal auch ein paar Meter vor mir. Dass er am Limit lief, konnte man an seiner Atmung hören. Am Ende von Pirna erlösten mich dann zwei seiner Bekannten, die ihm zuschrieen: "Hey Christoph, bist Du wahnsinnig, das ist doch viel zu schnell, nimmt unbedingt Tempo raus!" Christoph war artig. Danke Jungs! Kurz danach war dann die Halbmarathonmarke. Die 1:36:34 überraschten mich positiv, ich hatte längere Zeit nicht auf die Uhr geschaut und mit einer 1:40 gerechnet. Wahrscheinlich habe ich unterbewusst versucht, Christoph abzuhängen.

Von da an war die Strecke absolut flach, allerdings war kurz zuvor auch die Sonne rausgekommen. Die lauschigen 10 Grad vom Start wurden zu eigentlich immer noch erträglichen 18 Grad, allerdings gab es keinerlei Schatten mehr. Der Sonnenbrand in meinem Nacken und auf meinen Schultern ist Zeuge! Was am Anfang ein lauschiger Landschaftsmarathon war, wurde zunehmend zur mentalen Probe. Wenig Abwechslung, auf der anderen Elbseite nette Villen und Schlösser, die allerdings nur sehr langsam vorbeiziehen, da sie doch recht weit entfernt sind, kaum Zuschauer. Bei Kilometer 24,5 wartete mein persönliches Verpflegungsteam. Mit neuem Proviant ging es dann weiter in Richtung Dresden. Irgendwo auf der Strecke bei Kilometer 28 liegt Schoss Pillnitz. Sehr nett anzuschauen (wir waren am Vortag dort), aber ich habe es geschafft, es komplett auszublenden. Bei Kilometer 35 unterquert man das blaue Wunder, eine Brücke im Stil der Glienicker Brücke. Ab da hatte ich dann keine Lust mehr. Eigentlich ist man schon mitten in Dresden, dennoch sind es noch gut sieben Kilometer. Zusätzlich macht die Elbe noch einen ordentlichen Bogen, so dass man die nächsten drei oder vier Kilometer bequem überblicken kann. In einiger Entfernung machte ich die Vorjahressiegerin aus, sie war am Start noch extra gefeiert worden. "Die kriegste auch noch...". Das ließ leider nicht allzu lange auf sich warten und die Motivation für die Reststrecke war wieder dahin. An der Strecke standen in regelmäßigen Abständen nette Parkbänke, die zum Verweilen einluden. Auch wenn die Versuchung groß war, wollte ich lieber ins Ziel und endlich aufhören zu laufen. Nach einer kurzen Strecke an der Semper Oper vorbei ging es dann nach wenigen Kilometern ins Ziel. Der Zieleinlauf war in einem Stadion, was doch immer wieder nett ist. Das Olympiastadion beim 25er ist zwar eindrucksvoller, dafür herrschte hier aber eine mordsmäßige Stimmung! Nach 3:20:49 war ich dann erlöst und fühlte mich erschreckend gut. Ein körperliches Tief hatte ich zum Glück nicht, nur ein mentales. Aber das gehört wahrscheinlich irgendwie dazu. Ich kann mich jedenfalls an keinen Marathon erinnern, bei dem das nicht so gewesen wäre.

Ich glaube, dass war der schönste Marathon, den ich bisher gelaufen bin. Die Organisation war sehr gut. Ok, die letzten Finisher haben keine Medaillen mehr bekommen, weil der Veranstalter nicht mit so vielen Teilnehmern gerechnet hatte. Die globale Erderwärmung hat also ein neues Opfer gefunden! Nur ein paar Erfrischungspunkte mehr auf der Strecke wären schön gewesen, alle 4 bis 5 Kilometer ist bei diesem Wetter einfach zu wenig.

Platz    Name               Verein           Nettozeit
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  1 Janicki, Jaroslaw   Hermes Gryfino(POL)  02:27:22
  2 Chawawko, Tomasz    TEAM GRYCZ(POL)      02:38:39
  3 Dutow, Andrej       Tambow Dynamo(RUS)   02:39:34
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122 Galuschki, Gunnar   SISU Berlin          03:20:49
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  1 Stanienda, Bianca   SVE Hiddesdorf       03:03:11
  2 Stegner, Rita       SC Mengersgereuth    03:07:48
  3 Böllmann, Elke      TSV Neustadt/ Rems   03:14:20
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Offizielle Homepage: http://www.oberelbe-marathon.de


© TriGe Sisu Berlin; 24.5.2007